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Einstieg: Die effektive Finanzierungsanfrage

Für den Kläger wie auch seinen Anwalt stellt sich natürlich die Frage, was und in welcher Form man einem Prozessfinanzierer Informationen, Bewertungen und Dokumente liefern muss. Doch zunächst einen Schritt zurück.

An erster Stelle sollte geklärt werden, ob sich ein Anspruch für eine Prozessfinanzierung eignet und ob ein Prozessfinanzierer daran Interesse hat. Nach einer ersten Auswahl von Finanzieren (siehe den Blog „Welcher Prozessfinanzierer?“) empfiehlt sich der Griff zum Telefon und ein Anruf beim Finanzierer. Schildern Sie Ihren Fall dem für das Rechtsgebiet zuständigen Rechtsanwalt und Sie bekommen eine erste Aussage dazu. So vermeiden Sie überflüssige Arbeit und den Frust einer Standardabsage. Der dortige Mitarbeiter wird Ihnen auch sagen, welche Unterlagen er gerne von Ihnen hätte und in welcher Form.

Grundsätzlich gilt folgendes: Der Prozessfinanzierer benötigt alle Informationen, die wichtig sind, um sich ein umfassendes Bild vom Anspruch zu machen. Dazu gehört auch die Historie desselben, also aus welchem Lebenssachverhalt resultiert er und was ist bereits in der Vergangenheit geschehen. Halten Sie keine zur Bewertung des Anspruchs relevante Information zurück oder liefern „scheibchenweise“. Das erschwert die Prüfung und verlängert sie unnötig.

In einem ersten Schritt erhält das Unternehmen einen Klageentwurf mit den wesentlichen Anlagen oder ein anwaltliches Gutachten zu den Erfolgsaussichten und Risiken. Nicht übersandt werden Rechnungsbelege und ähnliche Dokumentationen, insbesondere, wenn sie umfangreich sind. Wichtig ist jedoch die vollständige Vorkorrespondenz mit dem Gegner, rechtliche und technische Gutachten (ohne Anlagen), gerichtliche Vorentscheidungen (z.B. zur Prozesskostenhilfe) sowie Informationen zur Schadenshöhe und – sofern vorhanden – zur Bonität des Schuldners.

Im Weiteren wird der Prozessfinanzierer Fragen stellen und ggfs. auch weitere Dokumente anfordern. Denken Sie daran: ein Prozessfinanzierer ist keine Rechtschutzversicherung, sondern ein Geldgeber, der von den Erfolgsaussichten Ihrer Anspruchsdurchsetzung überzeugt werden will.

Ich rate dazu, nicht nur einen Finanzierer anzufragen, sondern mindestens zwei oder drei. Teilen Sie dies den Unternehmen auch mit und sichern eine Exklusivität (falls verlangt) nur für einen begrenzten Zeitraum (Wochen, nicht Monate) und nur dann zu, wenn der Finanzierer zwecks Prüfung selbst Geld investiert, z.B. in ein externes Gutachten. Vereinbaren Sie Fristen, bis wann Sie ein erstes Feedback erhalten werden und bis wann Sie eine Entscheidung erwarten.

Ich unterstütze Sie gerne bei der Zusammenstellung der Unterlagen und der Korrespondenz mit dem/ den prüfenden Unternehmen.

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Wichtig: Welcher Prozessfinanzierer?

Zur effektiven Durchsetzung des eigenen Anspruchs gehört der richtige Prozessfinanzierer. Doch wie findet man den?

Der einfachste Weg geht – wie fast in allen Lebenslagen – heute über Google. Die Suchmaschine bietet dann neben Werbeanzeigen den Wikipedia Eintrag an (nicht geeignet), eine Plattform, wo man seinen Anspruch einstellen kann (unnötig) und einen von Mai 2022 recht aktuellen Überblick des Anwaltvereins. Die Unterteilung der dort gelisteten 18 Unternehmen ist nur bedingt hilfreich, aber immerhin kommt man über die dortigen Links einfach auf die entsprechenden Unternehmensseiten.

Offensichtlich ist, dass nicht jedes Unternehmen jeden Anspruch finanziert. Prozessfinanzierer sind wie folgt zu kategorisieren:

1. Internationale Finanzierer

Ansprüche unterhalb höherer Millionenwerte sind hier nicht gewollt, solche mit internationalem Bezug besser aufgehoben als bei kleineren Prozessfinanzierern. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Schuldner im Ausland sitzt und ein Urteil außerhalb von Deutschland (Europa) vollstreckt werden muss. Finanzierer dafür wären z.B. Omni Bridgeway (Amsterdam/Köln), Deminor (Brüssel/Hamburg) und Nivalion (Zürich/Frankfurt).

2. Nationale Finanzierer

Die zwei etablierten Finanzierer FORIS AG (Bonn) und Legial AG (München) finanzieren grundsätzlich alle Arten von Ansprüchen, die allerdings auch mindestens mehrere hunderttausend Euro betragen sollten. Die Internetauftritte geben Auskunft, in welchen Rechtsgebieten die Unternehmen Schwerpunkte setzen (Legial: u. a. Insolvenzrecht, FORIS: u. a. Erbrecht).

3. Spezialfinanzierer

Einige Firmen, des öfteren Legal Techs, haben sich auf Nischen spezialisiert, wie z.B. die Firma Erbteilung GmbH (Weilheim), die Erben finanziert, die ihren Erbanteil aus Erbengemeinschaften realisieren wollen. Legal Techs fahren in der Regel Kampagnen, in denen sie eine Vielzahl gleichartige Ansprüche bündeln (Diesel, Flugverspätung, Online-Casinos, Fitnessclubs usw.). Selbige findet man immer über eine Google Suche unter dem entsprechenden Stichwort. Hier lohnt sich ein Konditionenvergleich. Teilweise wird der Anspruch des Klägers selbst finanziert, teilweise auch dessen Anspruch gekauft (RightNow GmbH, Düsseldorf).

4. Schiedsverfahren

Schiedsverfahren sind eine spezielle Materie, in der sich nur wenige Prozessfinanzierer wirklich auskennen und die notwendigen finanziellen Ressourcen haben. Für Deutschland/Europa sind hier beispielhaft Omni Bridgeway (Köln), für den Rest der Welt neben gleichfalls Omni Bridgeway ferner Burford Capital (London/Zürich) sowie Habour Litigation Funding (London) zu nennen.

Alternativ können Sie mich jederzeit kontaktieren, ich helfe gerne bei der Auswahl des geeigneten Prozessfinanzieres.

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Intro: Grundlegendes zum Anspruch

Bald gibt es Prozessfinanzierung in Deutschland ein Vierteljahrhundert.

Was ist aus der ursprünglichen Idee, Jedermann Zugang zum Recht zu ermöglichen, geworden? Wo steht die Prozessfinanzierung heute? Hat sie ihren Zenit schon überschritten oder verwandelt sie gerade Rechtsansprüche in großem Stil zu einem handelbaren Finanzprodukt?

Diese und andere spannenden Fragen möchte ich in diesem Blog beantworten. Aber auch rein praktische Fragen: wie finde ich den richtigen Finanzierer oder eignet sich mein Anspruch – der Anspruch meines Mandanten – überhaupt zur Prozessfinanzierung?

Fangen wir mit dieser wichtigen Frage an: welche Ansprüche eignen sich für eine Prozessfinanzierung?

Der Einstieg zur Antwort ist zunächst einfach: es muss sich um einen Zahlungsanspruch mit einem gewissen Wert handeln, dessen gerichtliche Durchsetzung überwiegend erfolgreich erscheint und der im Obsiegensfall durch den Schuldner bedient, d.h. bezahlt werden kann.

(A) Zahlungsanspruch:

Hier ist zwischen Einzel- und Massenansprüchen zu unterscheiden. Galt für einen Einzelanspruch noch bis vor ein paar Jahren ein Mindestwert von EUR 100.000, so ist das heute nicht mehr der Fall. Ansprüche im unteren hunderttausender Bereich finden nur noch selten einen Finanzierer. Diese suchen Ansprüche mit Millionenwert, damit sich Aufwand und Ertrag lohnen.

Anders bei Massenansprüchen. Hier reichen ein paar Monatsbeiträge des Fitnessclubs, sofern sie sich mit einer großen Vielzahl möglichst gleichartiger Ansprüche zu einer großen Anspruchssumme bündeln lassen.

(B) Überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit:

Ein Kriterium, das von Finanzierer zu Finanzierer (wie auch von Anwalt zu Anwalt) unterschiedlich beurteilt wird. 51% zu 49% sind sicherlich nicht ausreichend. Kommt man unter Einbeziehung vieler Kriterien (dazu in einem späteren Beitrag) zu einer Erfolgswahrscheinlichkeit von mehr als zwei Drittel, kann es für einen Prozessfinanzierer interessant werden. Wichtig zu wissen ist, dass es hier weniger um 100% gewinnen oder verlieren geht, sondern um die Frage, welcher Anteil des erhobenen Anspruchs sich im Ergebnis realisieren lässt. Unter Finanzgesichtspunkten sollte der realistisch erzielbare Anteil das zehnfache der wahrscheinlichen Kosten betragen oder anders gesagt, dass 3 bis 4-fache des Invests des Prozessfinanzierers als dessen Return erbringen können. Zu diesen Kalkulationen auch in einem späteren Blockbeitrag mehr.

(C) Bonität des Schuldners:

Vor Gericht siegen macht nur Spaß, wenn man anschließend auch den Gewinn bekommt. Nicht immer ist am Ende beim Beklagten noch etwas vorhanden oder ist am Anfang klar, wieviel überhaupt zur Verfügung steht, einen Urteilstitel zu bedienen. Siehe den Fall Wirecard: die dort erhobenen Ansprüche übersteigen das noch vorhandene Kapital in der Insolvenz und die Absicherung durch die Haftpflicht- und D&O Versicherungen bei weitem. Trotzdem scheint so viel da zu sein, dass sich Klagen lohnen und diese auch prozessfinanziert werden.

Man wird sehen…